Ich besitze ein altes Gedichtsbuch, das 1912 erschienen ist: “Theodor Echtermeyer, Auswahl deutscher Gedichte Ausgabe C”. Ich lese gerne in dem Buch, auch weil es in Frakturschrift geschrieben ist, einer Schrift, die heute kaum noch jemand lesen kann (oder will). Dabei ist auch sie ein Zeugnis unserer Vergangenheit, das bis in das 16. Jahrhundert zurückreicht. Viele klassische Werke von Kant über Goethe bis Lessing sind im Original in Frakturschrift geschrieben worden und es ist schade, dass diese Schrift immer wieder vorwiegend mit den dunklen Kapiteln unserer Geschichte in Verbindung gebracht wird.

Zurück zum Gedichtsbuch: Dieses Buch ist für mich noch aus einem weiteren Grund wichtig: In ihm sind viele interessante Gedichte von Künstlern gesammelt, die heute in Vergessenheit geraten sind. Ein Gedicht von August Wilhelm von Schlegel ist mir dabei aufgefallen, das mir gleich in doppelter Hinsicht gefallen hat. Es ist in der Form eines Sonetts geschrieben, einer Gedichtform, die bereits seit dem 13. Jahrhundert verwendet wird. Gleichzeitig beinhaltet dieses Sonett in Reimform den Aufbau eines Sonetts an sich. Hätte ich damals im Deutschunterricht dieses Gedicht gekannt, wäre mir die gestalterische Analyse so mancher Sonette vielleicht etwas leichter gefallen. Vielleicht könnte die ein oder andere Lehrkraft in der heutigen Zeit dieses Gedicht etwas genauer studieren und in den Unterricht einbinden, vorausgesetzt natürlich, dass die Person die Schrift lesen kann.

(Quelle: Theodor Echtermeyer: Auswahl deutscher Gedichte. Verlag des Buchhandels des Waisenhauses, 1912)

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