Die Zeit ist ein Phänomen, das uns manchmal mehr und manchmal weniger fesselt und dem wir viel Aufmerksamkeit schenken. Wir alle leben in der gleichen “Zeit”, dennoch wird die Zeit in den verschiedenen Kulturen und Sprachen auf sehr unterschiedliche Art und Weise repräsentiert. Die Vorstellung von Zeit wird in den meisten Sprachen auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unterteilt. Beider Vorstellung von “Vergangenheit” und “Zukunft” tauchen jedoch verschiedene Konzepte auf. So wird im Mandarin das Wort für “herunter” verwendet, wenn man über zukünftige Ereignisse spricht, während das Wort für “herauf” für Ereignisse in der Vergangenheit verwendet wird. Bei den Angehörigen der Aymara in Chile liegt die Zukunft hinter einem, da sie nicht gesehen werden kann. Die deutsche Sprache verläuft sprachlich betrachtet nach einem ähnlichen Muster. Der Begriff “vorher” liegt zeitlich zurück, während der Begriff “hinterher” auf unserer sprachlichen Zeitachse weiter vorne liegt. Allerdings haben wir uns in unserem Denken angewöhnt, dass wir in die Vergangenheit zurückblicken während wir in die Zukunft vorhersagen.
Eine weitere Unterscheidung in Bezug auf die Zeit findet man bei den Mengenangaben. Die englische und indonesische Sprache bezieht sich bei der Angabe von Zeitabständen häufiger auf Längen, während die spanische und griechische Sprache Mengenangaben zur Benennung von Zeiten bevorzugt. Diese Unterscheidung sorgt auch dafür, dass Zeiten unterschiedlich wahrgenommen werden. In einem Experiment zeigte sich, dass spanische und griechische Muttersprachler Zeiten besser einschätzen konnten, wenn sie grafisch durch das Befüllen eines Containers mit einer Flüssigkeit dargestellt worden, während englische und indonesische Muttersprachler die Zeit besser über eine größer werdende Linie einschätzen konnten. Die sprachliche Verarbeitung von Zeit bietet offensichtlich jede Menge Spielraum und viele Variationen. Sie beeinflusst allerdings auch unsere räumliche Wahrnehmung von Zeit. Beruhigend ist allerdings, dass die Zeit immer gleich bleibt, auch wenn wir manchmal glauben, dass sie an uns vorbei rennt oder stehen bleibt.
Quellen:https://www.wissenschaft.de/geschichte-archaeologie/zurueck-in-die-zukunft-3/http://www.casasanto.com/papers/Casasanto_2004_CogSci_TimeEstimation.pdfpage